Ausleger-Bohrmaschine

Hier hatte ich eine Helling-Bohrmaschine vorgestellt, mit welcher man u.a. genau senkrechte Bohrungen in ein waagerecht ausgerichtetes Schiffsmodell bohren kann. Hierzu diente mein Eigenbau-Bohrständer (Foto 1 (kleine Fotos anklicken), die Bauanleitung ist bei mir unter Best.-Nr. mz009 erhältlich) für einen kleinen Bohrschleifer von der Firma mit den zwei XX im Namen als Grundlage. Es kommt bei meinen Modellbau am 1:50-Zerstörer-Modell USS CASSIN YOUNG oft vor, daß ich per Koordinaten-Bohren(-Fräsen) unzählige, sehr kleine Bohrungen z.B. in Bleche zu bohren habe (perforierte Plattformen und Decks, Beispiele Foto 2 und 3 ). Aber auch beim Fräsen mit kleinen Fingerfräsern (unter Durchmesser 3 mm) ist die Benutzung des 1,4-KW-Motors der Fräsmaschine eine reichliche Stromverschwendung. Ich bin deshalb auf die Idee gekommen, den Eigenbau-Bohrständer für kleine Bohr- und Fräsarbeiten auch an der Fräsmaschine zu benutzen (Foto 4 ). Auch den Auslegerarm (5 in Foto 4) von der Helling-Bohrmaschine konnte ich für diesen neuen Zweck wieder verwenden. (Beide 20-mm-Bohrungen in diesem Arm müssen vor dem Schlitzen in einer Einspannung als Schiebesitz gebohrt/ausgespindelt/gerieben werden (Foto 5 ), damit deren Bohrungsmitten exakt parallel liegen. Dazu klemmt man den vorgefrästen Arm am besten auf einer Parallel-Unterlage etwas erhöht auf den Fräsmaschinentisch, damit die Bohrwerkzeuge frei durchfahren können – ohne in den Tisch zu bohren.

Vor dem Einsatz der Ausleger-Bohrmaschine muß die Frässpindel sicher gegen jegliche Verdrehung geklemmt werden und der Netzstecker der Fräsmaschine sollte aus Gründen der Sicherheit ebenfalls gezogen werden. Die Frässpindel-Klemmung mache ich mit einem selbst gedrehten Plastering (1 im Foto 4), welcher zwei M6-Klemmschrauben (2) hat. Die obere drückt auf die Pinole, die untere auf die Frässpindelnase. Im Zangenfutter (3) wird von der 20-mm-Spannzange ein kurzer 20-mm-Dorn (4) gehalten. An diesem ist der Auslegerarm (5) geklemmt und am äußeren Ende die Säule (7) vom Eigenbau-Bohrständer – nach unten ragend. Somit wird die genaue Senkrechtstellung vom Fräskopf der Fräsmaschine (bei der WABECO F1210 ist diese mit einem Kegelstift richtig verstiftet!) auf die Achse des Bohrfutters übertragen.

Foto 6 zeigt eine praktische Nutzanwendung der Ausleger-Bohrmaschine für das Bohren zahlreicher Löcher in eine Geschützplattform. Damit die Bohrachse nicht zu weit von der Achse der Frässpindel entfernt ist (das ist besonders bei Fräsmaschinen mit kleinerem Tisch wichtig), habe ich den Alu-Klotz des Eigenbau-Bohrständers hier zur Frässpindel-Achse etwas „zurückgedreht“. Es wird hier konsequent nach Koordinaten gebohrt. Das Ergebnis ist im Foto 7 zu sehen. Die Arbeit nach Koordinaten, die im Grunde jeder Fräsmaschinen-Besitzer beherrschen müßte, wenn er die Möglichkeiten seiner Fräsmaschine voll nutzen will, wird in meinem Buch (1) auf den Seiten 73 bis 78 ausführlich beschrieben. Wenn man Wendelbohrer kleineren Durchmessers verwendet, dann sollten es solche mit verstärktem Schaft sein. Es gibt dünne Bohrer bis 1,1 mm Durchmesser mit Schäften von 1,2 oder auch 1,5 mm Durchmesser. Bei diesen Bohrern muß man nicht unbedingt zentrierbohren (käufliche Zentrierbohrer gibt es nur bis minimal 0,5 mm Durchmesser) – vorausgesetzt, man bohrt recht langsam und gefühlvoll an, dann sucht sich auch ein kleiner Bohrer „seine Mitte“ von selbst. Miniatur-Zentrierbohrer, auch recht lange, macht man aus Silberstahl ohnehin selbst (mein Buch (2) Seite 75/76). Zum Abschluß noch ein Bild von einem „Schnellfräskopf“, den ich neulich ebenfalls für meine F1210 gebaut habe (Foto 8 ). Hier trägt ein nach links ausragender (Alu-)Tragarm die Spindel einer professionellen Gravier-Fräsmaschine, bei welcher man davon ausgehen kann, daß deren Lagerung auch für stundenlanges, hochtouriges Bohren und Fräsen ausgelegt ist. Und in der Tat habe ich mit dieser Frässpindel schon tagelang gebohrt, ohne daß sie sich auch nur fühlbar erwärmt hätte. Dagegen sind die Geräusche des „Spielzeugs“ nach Foto 4 schon beängstigend…! Oben ist an die Gravierspindel ein längenverstellbarer Arm (Einstellung der Riemenspannung) für das nur 125 Watt „ziehende“ Motörchen geklemmt.

Jürgen Eichardt

Weiterführende Literatur:

(1)   Jürgen Eichardt, „Fräsen für Modellbauer“ Band 2, Verlag für Technik und Handwerk GmbH, 2002, ISBN 3-88180-718-7, € 19,-

(2)   Jürgen Eichardt, „Fräsen für Modellbauer“ Band 1, Verlag für Technik und Handwerk GmbH, 2002, ISBN 3-88180-717-9, € 19,-

Bildtexte: (alle Fotos: Jürgen Eichardt)

Foto 01: Für den Spannhals braucht es eine geschlitzt Klemmbuchse. Die Schwalbenschwanz-Führung muß immer gut gefettet sein.

Foto 02: Perforiertes Blech bei einem Deck, Lochdurchmesser 0,45 mm.

Foto 03: Die beiden 0,2-mm-Bleche wurden „im Paket“ gebohrt. Dabei werden oben und unten zwei Pertinax-Platten mit gebohrt.

Foto 04: Die Vorrichtung mit extremer Ausladung nach links (nur zur Verdeutlichung des Aufbaus).

Foto 05: Der Auslegerarm sollte nicht zu flach sein.

Foto 06: Der Tisch der WABECO F1210 ist so schön lang, daß ich z.B. links den Rundtisch und rechts einen Maschinenschraubstock aufgebaut lassen kann.

Foto 07: Der Grat an den winzigen Bohrungen muß sorgfältig entfernt werden – damit es nach dem Spritzen gut aussieht.

Foto 08: Der Motor, und damit auch der Bohrer, dreht nur etwa 1300 U/min, viel zu wenig. Demnächst bekommt der Schnell-Fräskopf einen schnelleren Motor.

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