Schnellwechsel-Stahlhalter für WABECO D4000

quick-change toolholder for WABECO D4000 lathe

Neulich hatte ich für meine "große" Drehmaschine WABECO D4000 einen handelsüblichen Schnellwechsel-Stahlhalter (alle kleinen Fotos durch Anklicken vergrößern) der Größe aa angeschafft. Die Benutzung dieses Stahlhalters ist leider nicht praktisch. Ständig fallen Späne dahin, wo man sie nicht brauchen kann, der Halter neigt zum Kippen. Wenn man den Klemmhebel so kräftig anzieht, wie es sein soll, kann es passieren, daß der gesamte Grundkörper auf dem Support-Schlitten verdreht wird und das Wechseln der Einsätze ist eine echte Fummelei - alles nicht das, was ich mit versprochen hatte... Ich würde ihn nicht wieder kaufen. Mit dem Schnellwechsel-Stahlhalter eigener Konstruktion nach dem Schwalbenschwanz-Prinzip, den ich für meine Uhrmacherdrehmaschine gebaut habe, bin ich voll zufrieden. Daher habe ich beschlossen, diesen auch für meine WABECO D4000 zu bauen. Bei WILMS-Metallmarkt ( www.wilmsmetall.de ) habe ich die Abschnitte aus Automatenstahl 30 x 30 mm (10 Stück 62 mm lang für die Einsätze) und 60 x 60 mm (ein Stück 33 mm lang für den Grundkörper) bestellt.

Im Vierbackenfutter habe ich den Grundkörper auf 32 mm Höhe (rechts) und alle Einsätze auf 60 mm Länge plangedreht. Eigentlich ist dieses 60er-Maß ein unwesentliches Freimaß. Weil ich aber beim folgenden Fräsen der Schwalbenschwanz-Konturen "auf Umschlag" und mit Schraubstock-Anschlag arbeiten wollte, damit alle Schwalbenschwänze möglichst auf 1/100 mm genau die gleiche Breite haben, habe ich alle 60er-Maße an den 10 Teilen sehr genau plangedreht! An der Unterseite erhielt der Grundkörper im Zentrum eine etwa 0,2 mm tiefe Freidrehung (Freistich). Das hat den Sinn, daß dieses Teil sicher, satt und "unverkippelt" auf der geschliffenen Fläche vom Obersupport aufliegt.

Links im Bild sieht man den Finger-Schraubstock-Anschlag, gegen den alle Werkstücke bei den folgenden Arbeitsgängen gestützt werden. Es sind schon die Stufen für die Schwalbenschwanz-Kontur vorgefräst (Schruppfräser). Die Übergänge zu den Schwalbenschwanz-Schrägen wollte ich gerundet haben (höhere Starrheit!), deshalb wurde schon zentriergebohrt und eben wird 4,7 mm gebohrt, immer "auf Umschlag". Die Teile sind also vollkommen symmetrisch.

Diese Bohrungen werden 5H7 aufgerieben (bessere Flächen als nur gebohrt).

Fasen der oberen Kanten etwa 1,5 mm breit mit einem 90°-Senker.

Vorfräsen der Schwalbenschwanz-Schrägen, etwa 0,1 bis 0,2 mm Aufmaß belassen.

Fräsen vom Rest bis runter zum Grund.

Fräsen der Freinut für den Finger der Höhen-Stellschraube.

Zentrierbohren/Bohren für das Kernloch für das Feingewinde M6x0,5 (Normalgewinde M6 geht auch). Ich habe das Feingewinde gewählt, weil man damit die Höheneinstellung feinfühliger vornehmen kann.

Anschneiden der ersten Gänge mit dem Vorschneider M6x0,5 auf der Maschine. Der Fertigschneider kann anschließend "von Hand" eingedreht werden. Öl nicht vergessen, auch bei Automatenstahl.

Fräsen der Nut für die Drehstahlaufnahme.

Überschlichten der gesamten oberen Fläche mit dem Schwalbenschwanzfräser nur etwa 0,1 mm dick als "Startfläche" (Nullung vom Höhensupport/Digital-Meßleiste). Sehr langsamer Vorschub für eine gute Fläche.

Dann wird der Fräser exakt 8,5 mm herabgesenkt (Digital-Meßleiste) und die Schrägen werden per Gleichlauffräsen (beste Flächen) fertiggefräst, beide Seiten stets auf 1/100 genau auf die gleichen (notierten!) X-Support-Skalenwerte. Nur so erreicht man, daß alle 10 Schwalbenschwänze die gleichen Breiten haben.

Wenn man unsicher ist, kann man die "Breite" eines Schwalbenschwanzes auf diese Art mit zwei 10-mm-Zylinderstiften messen. Ich habe es nicht getan, weil ich mir vollkommen sicher war, die richtigen Werte "anzufahren". Der Wert der Breiten ist unwichtig, wichtig ist, daß alle gleich breit sind.

So sauber dürfen die Schrägen sein. Die Exaktheit und Maßhaltigkeit dieser Flächen sind entscheidend für die Wiederholgenauigkeit beim Stahlwechsel! Übrigens bleiben alle bedeutungslosen Außenflächen des Vierkantmaterials unbearbeitet. Bei dem stranggezogenen Automatenstahl sind die Außenflächen ja ohnehin relativ glatt. Er wäre verschenkte Zeit und Energie, hier noch zu "bearbeiten".

Per Koordinaten-Bohren werden die Kernlöcher für die M5-Klemmschrauben gebohrt. Im Bild Zentrierbohren.

Die Schwalbenschwanz-Kontur im Grundkörper wird vorgefräst (Schruppfräser). Die etwas außer Mitte sitzende Mittenbohrung 8H7 ist schon da.

Auch hier werden zuerst die oberen Flächen leicht überstirnt. Zum Fräsen der Schrägen wird der 60°-Fräser 8 mm herabgesenkt (bei den Gegenstücken waren es 8,5 mm!) Die linke Seite wird eben gefräst. Es muß der gleiche Schwalbenschwanz-Fräser verwendet werden.

Die andere Seite wird zum Schluß nur noch mit mehreren 0,05-mm-Zustellungen fertiggefräst, weil einer der 10 Einsätze (alle sind gleich breit!) gerade so, ohne zu viel "Luft", eingesteckt werden darf.

Die 6-mm-Bohrung für den Gelenkbolzen (rechts-vorn) ist vorhanden und die 8,5-mm-Querbohrung (in "halber Höhe") für die Klemmschraube (M8x1-Feingewinde). Etwas schräg sieht man den Anriß für das anschließende Sägen.

Mit zwei Parallelbeilagen habe ich diesen Riß waagerecht im Schraubstock ausgerichtet...

...und das Teil von zwei Seiten her abgetrennt.

Sieht dann so aus.

Mit einem eingesteckten Bohrerschaft 8,5 mm habe ich das Teil im Vierbackenfutter "auf Rundlauf gebracht" und auf den Durchmesser (plus 0,3 mm) der Spreizfeder ausgedreht.

Das Gleiche mit dem anderen Teil.

Den 6-mm-Gelenkbolzen habe ich aus einem Stück 6-mm-Ms-Rohr hergestellt und mit einer M3-Schraube "unverlierbar" gemacht. Auf dem Foto sieht man auch den Freistich im Zentrum des Grundkörpers gut.

Das sind die 10 Justierschrauben mit den zugehörigen Kontermuttern. Die Schraubenköpfe haben eine aufgestoßene 5er-Teilung. Je Verstellung um einen Strich hebt oder senkt sich der Stahlhalter bei 0,5-mm-Steigung um 0,1 mm! Die unteren Enden der Schrauben sind leicht ballig. Tolle Sache am Nil, drei Kapellen unter Wasser...

So sieht der fertige Wechsel-Stahlhalter aus. Selbstverständlich muß man bei jedem Einsatz-Wechsel die Schwalbenschwanz-Flächen sehr sauber machen (Spänepinsel, Staubsauger). Der Spalt von etwa 5 mm zwischen Wechselhalter und Grundkörper ist dazu vorgesehen, daß man den gesamten Stahlhalter auf dem Obersupport noch einen geringen Betrag verdrehen kann. Das ist z.B. für eine leichte Änderung des Freiwinkels eines Seitendrehstahls zu einer Planfläche am Werkstück nötig. Auch die Freiwinkel eines Abstechstahls kann man so noch korrigieren.

Fünf der 10 Wechseleinsätze mit den vorerst gebräuchlichsten Drehstählen, von links nach rechts: rechter Seitendrehstahl mit 0° Spanwinkel für Messingbearbeitung, Abstechstahl, Eckbohrstahl, rechter Seitendrehstahl für Stahlbearbeitung, 45°-Fasenstechstahl. Links ist ein Messing-Einsatz für die Uhrmacherdrehmaschine als Größenvergleich mit fotografiert. 

Die Schneidenhöhe läßt sich nun so exakt einrichten, daß es kein Problem ist, einen 0,2-mm-Zapfen zu drehen - auf der WABECO!

Ein Plandrehversuch an einem Stück Alu.

Falls ich demnächst einmal die Zeit finde, werde ich anständige Zeichnungen anfertigen, damit ich eine Bauanleitung in der von anderem Zubehör gewohnten Form "auf den Markt" bringen kann. Findige Hobbyisten werden das "Ding" jedoch schon ohne Zeichnungen, nur nach den hier vorgestellten Fotos, bauen können. So "kriminell" ist die Konstruktion ja nicht und worauf es besonders ankommt, habe ich ja deutlich gesagt...

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