20-mm-Flak 30 in Sockellafette 30

20-mm-single-AA-gun

Planausschnitt / plan sections

Originalfoto

In letzter Zeit erhielt ich von interessierten Schiffsmodellbauern immer häufiger Anfragen nach einer Schiffsdetail-Zeichnung von der 20-mm-Einzelflak. Das Interesse ist verständlich; war diese leichte Flugzeugabwehrkanone (Flak) im Zweiten Weltkrieg doch auf fast allen Kampfschiffen der deutschen Kriegsmarine – vom kleinen Kriegsfischkutter bis zum Schlachtschiff – zu finden. Ich habe mich deshalb dazu entschlossen, nach meinen recht spärlichen Unterlagen zu diesen Waffen einen Bauplan zu zeichnen.

Wie stets auf allen Gebieten der Technik, waren auch die ersten Entwicklungen von Flak-Geschützen abenteuerliche Kuriositäten. 1917 wurde die 20-mm-Flugzeugkanone (!) „Becker“ z.B. zu einer „Flak“ umgebastelt. Auf einem großen Wagenrad wurde mittig drehbar eine Sockellafette angeordnet. Ein kniehoher Ring diente dem Schützen, der mit dem Rücken in einer Art Schaukel hing, bei großen Rohrerhöhungen als Stütze für die Füße. Mit den Füßen wurde auch die Seitenrichtung vorgenommen. Vgl. das Foto in (1) Seite 10.

Nach 1928 konstruierte die Fa. Rheinmetall die 2-cm-Flak 28 als ein Rückstoßlader mit 15-Schuß-Magazin. Daraus wurde später das 2-cm-M.G. C/30L in Sockellafette entwickelt. Diese Waffe hatte schon ein 100-Schuß-Trommelmagazin. Die Lafettengabel konnte aber noch nicht nach oben herausgefahren werden. Deshalb mußte der Schütze bei großer Rohrerhöhung (max. 85°) mit den beiden Schulterstützen in den Achseln eine sehr unbequeme Hockstellung einnehmen. Die Gabel selbst war nach hinten abgewinkelt, damit große Rohrerhöhungen mit der Wiege überhaupt möglich wurden.

Thema unserer Zeichnungen ist die 20-mm-Flak 30, welche von der Firma Mauser hergestellt und ab 1934 an die damalige Reichsmarine ausgeliefert wurde. Wie bei mir in der Regel üblich, habe ich den Waffenstand in mehrere Hauptbaugruppen zerlegt. Das erleichtert das Verständnis des gesamten Aufbaus und man wird die Waffe, gleichgültig in welchem Maßstab, auch so als Modell bauen. Jede dieser Baugruppen besteht wieder aus vielen Einzelteilen, die man auf 1/10-mm genau baut, damit ein guter Gesamteindruck entsteht. Bei einem Standmodell wird man die meisten Teile aus Messing herstellen; bei einem Fahrmodell aus einer Kombination von Messing-, Plexiglas- und Polystyrol-Teilen; den konischen Sockel auf jeden Fall dünnwandig und hohl! Meine Zeichnungen habe ich für den Standardmaßstab 1:25 ausgelegt. Weil ich auf dem Reißbrett im großen Maßstab 1:12,5 gearbeitet habe, sind für den Modellmaßstab (1:25) somit optimale Bedingungen gegeben.

Die Sockellafette (1) für den Einsatz auf Kampfschiffen hatte bereits eine Schwingachse (a), durch die der Schütze die Schwenkachse (b) bei Schlingerbewegungen des Schiffes mit gefühlvollem Körpereinsatz waagerecht halten konnte. Diese Achse am Ende der Gabel (c) befindet sich einen kleinen Betrag (d) unterhalb der Schwingachse. Dadurch wird der gleiche Stabilisierungseffekt erzeugt, wie es bei der Vorderradgabel jedes Fahrrades ist. Auch hier steht die Vorderradachse stets einen kleinen Betrag vor der Achse der Steuersäule und macht nur aus diesem Grunde freihändiges Fahren möglich! Eine Neuerung an der Lafette ist, daß die Gabel von einem zweiten Mann für große Rohrerhöhungen mit einem Höhenrad (e) bis in eine maximale obere Stellung herausgefahren werden konnte. Auf Blatt 2 sehen wir unten eine solche Höheneinstellung. Der Richtkanonier muß dabei zwar immer noch in die Hocke gehen, jedoch längst nicht extrem. Auch bei der 20-mm-OERLIKON (meine Bestell-Nr. sd012, M 1:12,5), die von den Kriegsgegner benutzt wurde, gab es dieses Nach-oben-Kurbeln der Gabel. Um die Gabel ganz nach oben zu kurbeln, waren nach meinen Unterlagen etwa 29 bis 30 Umdrehungen am Handrad nötig. Der Knebel (f) diente wahrscheinlich der Festklemmung der Höhenverstellung. Unterhalb des Handrades war ein Träger (g) für fünf Bereitschaftsmagazine (5) angebracht. In jedem dieser Flachmagazine waren 20 Patronen geladen. In einer Halterung am Sockel lagert ein Akku (h). Dieser wurde nur bei Verwendung eines Flak-Visiers Z benötigt. In meiner Zeichnung ist dieses sehr komplizierte Visier, dessen Aussehen mir nicht vollkommen klar war, nicht dargestellt, sondern nur ein einfaches sog. Ringvisier (j in Ansicht F). Warum dieses Ringvisier etwa 30° schräg steht – man sieht das auf allen Fotos so – ist mir auch nicht klar. Doch weiter bei der Erklärung der Flak. Eine Zurrstange (k) hält die Wiege (3) mit der Waffe (4) beim normalen Seebetrieb in 0-Grad-Stellung (vgl. Seitenansicht Blatt 1 links-unten). Stellt man die Waffe beim Modellnachbau mit herausgefahrener Säule (l) dar, so müßte man diese natürlich metallblank (Edelstahl) darstellen.

Die Wiege (3) habe ich in einer Vierseiten-Ansicht gezeichnet. Es wird ersichtlich, daß der Richtschütze etwa 35 cm links neben der Waffenachse steht. Aus diesem Grunde auch die eigenartige Anordnung der beiden Handgriffe (m). Wobei am linken ein kleiner Hebel (n) zum Abfeuern der Waffe dient. Mit dem Rückengurt (o) ist der Schütze an die mit Gummi gepolsterten Schulterstützen (p) geschnallt, was besonders für das Schießen mit großer Rohrerhöhung wichtig ist. Weil das Gewicht der Wiege mit dem aufliegenden Waffengehäuse wesentlich schwerer ist als das Gewicht des Waffenrohres auf der anderen Seite, muß die Waffe einen Federausgleicher (6) haben. Er ist nur einmal vorhanden und sitzt an der rechten Seite außerhalb der Gabel (vgl. Draufsicht). Bei der 20-mm-OERLIKON werden die leergeschossenen Patronenhülsen in einem anhängenden Sack unterhalb der Wiege gesammelt. Bei dieser Waffe gibt es einen seitlich angebrachten, mit Netzwerk bespannten Hülsen-Fangkorb (2). Mit einem einzigen Rohrstück (q) ist dieser an der Gabel fest und fährt beim Höhen-Richten mit nach oben. Zur Platzersparnis kann der untere Rahmen diese Korbes nach oben geklappt werden (r). In einem anhängendem Sack (s) sammeln sich die leeren Hülsen. Auf Fotos ist zu erkennen, daß die Stellung des Fangkorbes waagerecht geschwenkt werden konnte. Die Waffe selbst (4) ist in großen Teilen eine Rekonstruktion nach sehr schlechten Fotos. In ihren Hauptdimensionen entspricht sie jedoch dem Original. An dem Auge (t) wird bei Verwendung des Flak-Visiers Z ein Gestänge angebaut.

Die Bedienungsmannschaft für einen Geschützstand Flak 30 bestand aus etwa fünf Marinesoldaten: Richtschütze, Ladekanonier, „Höhenmann“, Geschützführer und E-Messer mit tragbarem Entfernungsmeßgerät. Der Höhenrichtbereich der Wiege reichte von – 11° bis + 85°. Die theoretische Feuergeschwindigkeit betrug 280 – 300 Schuß/min; die praktische 120 Schuß/min (Das ähnlich aussehende Nachfolger-Modell 20-mm-C38 hatte schon eine höhere praktische Schußfolge von 220 Schuß/min/Rohr). Die Mündungsgeschwindigkeit der 126 bis 134 Gramm schweren und 78,5 mm langen Geschosse betrug 835 m/sek. Damit wurde eine wirkungsvolle Schußweite/-höhe von 4,8/3,8 km erreicht. Eine Patrone wog 0,32 kg und war 203 mm lang. Das Rohr hatte acht Züge und war 65 Kaliber lang. In der Literatur sind eine Rohrlebensdauer von 22.000 Schuß und ein Gewicht des gesamten Waffenstandes von 0,42 t angegeben. Später wurden zwei Waffen C38 in eine Zwillingslafette M44 eingebaut. Diesen Waffenstand werde ich später ebenfalls als Schiffsdetail-Zeichnung bearbeiten. Für die freundliche Übergabe von wichtigen Unterlagen zur Erarbeitung meiner Zeichnungen möchte ich mich herzlich bei den Herrn Reiner Schwandt und Peter Hurler bedanken.

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