USCGC VIGILANT

USCGC VIGILANT

Von den USA wird für die vielfältigen Aufgaben zum Schutz ihrer langen Küsten und Binnengewässer die U.S. Coast Guard (USCG), die Küstenwache unterhalten. Dafür stehen der USCG (die übrigens nicht der Navy unterstellt ist, wie man vermuten könnte, sondern dem Schatzministerium) eine riesige Flotte von Schiffen und Booten und zur Unterstützung unzählige Flächenflugzeuge und Hubschrauber (etwa 200) zur Verfügung. Die Flotte besteht aus Wachbooten, Tonnenlegern, Eisbrechern und Schleppern. Bekannt dürfte auch das Segelschulschiff EAGLE (kleine Bilder anklicken), die ehemalige deutsche Bark HORST WESSEL, sein. Selbstverständlich arbeitet die USCG in allen Belangen eng mit der US-Navy zusammen. Das gesamte Territorium der USA ist in 10 Zuständigkeitsbereiche, Districte genannt, aufgeteilt. Zurzeit sind bei der US-Küstenwache etwa 300 größere Schiffe und Boote und 2000 kleinere Wachfahrzeuge im Dienst. Hier wären zuerst die High- und Medium-endurance-cutters (WHEC und WMEC), also Patrouillenfahrzeuge mit großer und mittlerer Seeausdauer, zu nennen. Bei der USCG werden fast alle Fahrzeuge, gleich welcher Größe, als „cutter“ bezeichnet. Das „W“ vor der Klassen- oder auch Bordnummer, die am Rumpf aufgemalt ist, stand in der Vergangenheit für alle Fahrzeuge der USCG. Eine weitere Besonderheit ist, daß die einzelnen Klassen der Wasserfahrzeuge „betriebsintern“ mit ihrer Länge in Fuß angegeben werden. So sind die kleinen Patrouillenboote der POINT-Klasse auch als „82-foot-class“ bezeichnet. Am Rumpf ist z.B. bei der POINT FRANCIS die Bootsnummer 82356 aufgemalt. Die beiden ersten Zahlen weisen dabei auf die Klassenzugehörigkeit hin.

Die WHEC sind heute die 12 großen (378 Fuß/115 m Länge) Wachboote der HAMILTON-Klasse . Das sind richtiggehende, gut bewaffnete Fregatten, welche schon mehrfach modernisiert wurden. Bei den WMEC gibt es mehrere Klassen: die 13 modernen Fahrzeuge der BEAR-Klasse (270-foot-class), die 16 Boote der RELIANCE-Klasse (210-foot-class), deren Vertreter, die VIGILANT, ich heute hier vorstelle. Dazu kommt noch die gute alte STORIS (WMEC 38/230-foot-class) mit dem fast nostalgischen Baujahr von 1942 (!), dazu als einziger verbliebener Vertreter der DIVER-Klasse die Schleppern ähnliche ACUSHNET (214 Fuß lang) und das Fischereischutzschiff ALEX HALEY von 86,1 x 15,2 x 4,6 m und 2929 t Größe. Alle kleineren Einheiten hier auch nur zu nennen, würde den Rahmen dieses Beitrages sprengen….

Das Design der Boote der RELIANCE-Klasse entspricht den Anforderungen eines Seenotrettungs- und Bergungsfahrzeuges . Schiffe bis zu 10.000 t Verdrängung können geschleppt werden. Die sehr hoch angeordnete Brücke hat 360°-Rundumsicht. Wie andere moderne Kampfschiffe haben die RELIANCE-Boote geschweißte Stahl-Rümpfe mit Alu-Aufbauten. Die Klasse ist in zwei Losgrößen gebaut worden. Der Typ A (WMEC 615 bis WMRC 619) wurde ursprünglich mit einer CODAG-Antriebsanlage (zwei 1.500-PS-COOPER-BESSEMER-Diesel und zwei Solar-Saturn-Gastrubinen) ausgerüstet. Die Boote danach (bis WMEC 630) werden als Typ B bezeichnet.

Die RELIANCE-Klasse:

Name

Nummer

Bauwerft

Indienststellung

Umbau beendet

RELIANCE

615

Todd Shipyard, Houston, TX

20.6.1964

Januar 1989

DILIGENCE

616

Todd Shipyard, Houston, TX

31.8.1964

März 1992

VIGILANT

617

Todd Shipyard, Houston, TX

1.10.1964

August 1990

ACTIVE

618

Christy Corp., Sturgeon Bay, WI

17.8.1965

Februar 1987

CONFIDENCE

619

Coast Guard Yard, Curtis Bay, MD

19.2.1966

Juni 1988

RESOLUTE

620

Coast Guard Yard, Curtis Bay, MD

8.12.1966

November 1995

VALIANT

621

American Ship Building Co., Lorain, OH

28.10.1967

Mai 1993

COURAGEOUS

622

American Ship Building Co., Lorain, OH

19.4.1968

März 1990

STEADFAST

623

American Ship Building Co., Lorain, OH

7.10.1968

November 1993

DAUNTLESS

624

American Ship Building Co., Lorain, OH

10.6.1968

November 1994

VENTUROUS

625

American Ship Building Co., Lorain, OH

16.10.1968

Mai 1995

DEPENDABLE

626

American Ship Building Co., Lorain, OH

22.11.1968

Mai 1996

VIGOROUS

627

American Ship Building Co., Lorain, OH

23.4.1969

November 1992

DURABLE

628

Coast Guard Yard, Curtis Bay, MD

8.12.1968

Januar 1989

DECISIVE

629

Coast Gurad Yard, Curtis Bay, MD

23.8.1968

November 1996

ALERT

630

Coast Guard Yard, Curtis Bay, MD

28.7.1969

Mai 1994

Die Boote sind 64,2 x 10,4 x 3,3 m groß und haben eine Standardverdrängung von 950 t. Die Maximalverdrängung betrug ursprünglich 1.007 t; nach dem Umbau 1.129 t. Die Rümpfe haben einen leichten Kielfall. Vor allem das Achterschiff ist für eine möglichst große Tragfähigkeit (Hubschrauber) kastenförmig mit einem scharfen Kimmknick ausgeführt . Das durchlaufende Hauptdeck formt die Außenhaut im Vorschiff zu einem Knick, der etwa bei Spant 8,5 ausläuft. Insgesamt entspricht der Entwurf mit den schrägstehenden und ausgerundeten Schanzkleid-Durchbrüchen dem Schönheitsempfinden der 60er-Jahre. Ursprünglich befand sich der Auspuff der Maschinenanlage im gerundeten Heckspiegel. Meine Skizze zeigt den US-Coast-Guard-Cutter (USCGC) VIGILANT in seinem ersten Aussehen. Der Bau jedes Bootes kostete etwa 3 bis 4 Mill. $. Inzwischen sind bei einer Hauptüberholung, die pro Schiff etwa 18 Monate dauerte, je Einheit zwei 16-Zylinder-V-Dieselmotoren vom Typ „Alco 251“ von zusammen 6.480 PS Leistung eingebaut. Das gibt ihnen über die beiden 4-flunkigen Festpropeller eine Geschwindigkeit von 18 kn. Bei dieser Geschwindigkeit können 2.700 sm durchlaufen werden; bei nur 14 kn erhöht sich die Fahrstrecke auf 6.100 sm.

Äußerliches Merkmal des Umbaus ist ein konischer Kamin an der Achterkante des hohen Deckshauses. Dieser reduziert allerdings die Größe des Heli-Decks. Deshalb sind jetzt an der gerundeten Hinterkante dieses Decks auch ausschwenkbare Schutzgitter angebracht. Die älteren GFK-Beiboote mit ihren Aussetzvorrichtungen wurden entfernt und dafür fahren die RELIANCE-Cutter heute zwei Speed-Boote, die von hydraulischen Kränen ausgesetzt werden. Waren die Boote ursprünglich mit einer 76-mm-Kanone Mk22 (L50, 85° Rohrerhöhung, 20 Schuß/min, Schußweite 12 km) auf der Back bestückt, so fahren sie heute an gleicher Stelle auf einem etwas erhöhten Podest eine 25-mm-Kanone Mk38 und zusätzlich können an Festpunkten an der Reling zwei bis vier 12,7-mm-MG´s zum Einsatz gebracht werden. Für den mitgeführten Hubschrauber war auf den relativ kleinen Schiffen der Einbau eines Hangars nicht möglich. Auf älteren Fotos sieht man oft die Zusammenarbeit mit einem „HH-52A Seaguard“ (vgl. meine Skizze), der aus dem bekannten „Sea King“ abgeleitet ist. Inzwischen scheint dieser Helikopter durchgängig durch den schnelleren und schnittigeren „HH-65A Dolphin“ ausgewechselt zu sein.

Die USCGC VIGILANT ging in der Station New Bedford, Massachusetts in Dienst. Liest man ihre Einsatzdaten, so stellt man fest, daß ein Großteil der Einsätze der Unterbindung des Schmuggels von Drogen galt sowie Hilfeleistungen für havarierte Schiffe und Boote. Vor dem 11. September 2001 war es (auch mir) noch möglich, spontan in die Stationen der USCG hineinzufahren und die Schiffe zu besichtigen und zu fotografieren. Heute ist das nur noch mit Voranmeldung möglich. Dafür bekommt man aber einen Mann zur Seite gestellt, der alles freundlich erklärt. Für mich war immer wieder der extrem saubere Zustand der Fahrzeuge beeindruckend, man kann vom Deck essen…

Eine wichtige Quelle für Fotos von den Fahrzeugen der USCG ist eine offizielle Seite im Internet: www.cgvi.uscg.mil. Hier findet man auf über 1000 Einzelseiten (Stand 2007!) Tausende Farbfotos in höchster Auflösung aus dem Leben der USCG, darunter zahlreiche Bilder von den Schiffen und Booten. Die Ladezeiten sind etwas hoch, dafür hat man jedoch gute Fotos. Nahezu alle Fotos auf dieser meiner Webseite stammen von dort. Wenn man bei den Fotos mit dem „Freistellwerkzeug“ unnötige Wasser- und Himmelsflächen noch radikal abschneidet, hat man noch mehr von den Fotos, man erkennt Einzelheiten noch besser. Als wichtige, nennenswerte Bücher über die USCG kann man Christian Herrou´s Buch „US Coast Guard“ (ISBN 2-909675-27-0 / französischer Text!), "THE U.S. COAST GUARD" von Walter C. Capron, "U.S. COAST GUARD IN WORLD WAR II" von Malcolm F. Willoughby und Robert L. Scheina´s „U.S. Coast Guard Cutters & Craft 1946 - 1990“ (ISBN 0-87021-719-4 / englischer Text!) nennen. Während im Scheina-Buch nur die Wasserfahrzeuge mit ihren historischen Daten ausführlich dargestellt werden, ist das Herrou-Buch in der Form eines Bildbandes eine wunderschöne Vorstellung der gesamten US-Küstenwache. Zudem sind im Anhang dieses Buches auch einige verkleinerte Werftpläne von drei Typen von Wachbooten abgedruckt.

Jürgen Eichardt

Bildtexte:

Foto 1: Ein „Seaguard“ im Landeanflug auf DECISIVE bei langsamer Fahrt. Hier sieht man schön die ursprünglichen Auspufföffnungen im Spiegelheck. Das Steuerbord-Beiboot ist ausgeschwenkt.

Foto 2: Eine klare Backbord-Aufnahme von VALIAMNT nach dem Umbau bei strahlendem Sonnenschein, die Schiffe der US-Küstenwache sind schon beeindruckend…

Foto 3: VALIANT über die Toppen geflaggt. Auf dem Wachfahrzeug hat sich ein „Dolphin“-Hubschrauber niedergelassen.

Foto 4: Eine schöne Luftaufnahme vom Klassenschiff RELIANCE. Das Deckshaus ist nach dem Umbau hinten etwas verlängert und ein konischer Kamin aufgesetzt, ein Gewinn für das Aussehen. Hier sind noch die alten GFK-Beiboote an Bord.

Foto 5: WMEC 622 COURAGEOUS in der heutigen Farbgebung der Fahrzeuge der USCG. Die Reling-Stecken sind oftmals mit blauer Persenning bespannt. Die Schrägstreifen am Rumpf als Erkennungsmerkmal wurden inzwischen von vielen Küstenwachen der Staaten übernommen.

Foto 6: DEPENDABLE im USCG-Stützpunkt West-Norfolk. Dieses Boot hat einen breiten Fahrstand auf der Brücke. Charakteristisch für die RELIANCE-Klasse die hohe Brückenfront.

Foto 7: Eine schöne Fliegersicht auf das Vorschiff von ACTIVE nach dem großen Umbau. Rechts im Hintergrund erkennt man die abgeklappten Fanggitter vom Heli-Deck. Der Fahrstand ist hier schmal. Im Waffenkorb sind große Fender gelagert.

Foto 8: Übungsschießen mit der 25-mm-Kanone Mk38 auf ALERT. Der Göschstock (rechts-oben) ist für ein freies Schußfeld umgelegt. Ein Stück weiter vorn erkennt man am Backbord-Schanzkleid die Halterung für ein aufsteckbares 12,7-mm-MG.

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