Italienischer Lenkwaffen-Zerstörer AUDACE

italian guided missile destroyer AUDACE

Die italienische Marine stellte nach dem Zweiten Weltkrieg alle Neubau-Zerstörer stets im „Doppelpack“ in Dienst. Das war so bei der INDOMITO-Klasse (kleine Fotos anklicken), bei der IMPAVIDO-Klasse , gefolgt von der AUDACE-Klasse, um die es hier gehen soll. Und auch die neueste sog. ANIMOSO-Klasse (LUIGI DURAND DE LA PENNE und FRANCESCO MIMBELLI - die Italiener geben ihren Schiffen gern lange und klangvolle Namen), seit 1992 in Dienst, besteht bisher nur als „Paar“. Während die INDOMITO-Klasse im Design noch stark an amerikanische Vorbilder erinnerte (Waffen und Sensoren kamen mit Ausnahme der WABO-Werfer überwiegend aus den USA), so setzte sich ab der IMPAVIDO-Klasse vermehrt die italienische Schiffbau-Architektur durch, deren Grundelemente man sinngemäß auch bei den gleichzeitig entstehenden Fregatten-Neubauten beobachten konnte. Bei den IMPAVIDO´s wurde z.B. der achtere 127-mm-Zwillingsturm weggelassen und erstmals durch einen „einarmigen“ Starter Mk11 für STANDARD-Luftabwehr-Raketen ersetzt. Alle genannten Schiffe sind ausgesprochen schöne Konstruktionen mit durchgehendem Hauptdeck.

Baubeginn für das erste Schiff, die AUDACE (Rumpf-Kennung D551 – „D“ steht dabei für destroyer = Zerstörer), bei „Italcantieri“ in Castellammare war der 27.4.1968. Indienststellung des zweiten Schiffs (ARDITO D550) war am 5.12.1972. Sie wurde bei „Fincantieri“ Riva Trigoso gebaut. Die Einheiten der AUDACE-Klasse haben eine Standard-Verdrängung von 3.600 t. Voll ausgerüstet verdrängen sie 4.400 t. 136,55 m sind sie über alles lang; 14,20 m breit und der Tiefgang beträgt ohne Sonardom 4,60 m. Im Mittschiffsbereich stehen die Bordwände vollkommen senkrecht, nach dem Spiegelheck stark geneigt . Das ist für ein möglichst breites Landedeck für die Hubschrauber nötig. Beim Vorschiff hat der durchgängig vier Decks hohe Rumpf einen Außenhautknick. Insgesamt sind die Rumpflinien als sehr schön anzusehen (vgl. Spantenriß ) mit relativ starker Aufkimmung. Um die Waffenplattform im Seegang möglichst schlingerfrei zu halten, wurden je Bordseite zwei hydraulisch ausfahrbare und elektronisch gesteuerte Flossenstabilisatoren eingebaut.

In hintereinander angeordneten Kessel- und Maschinenräumen sind die vier Dampferzeuger und die beiden Turbinen von je 36.500 Wellen-PS Leistung installiert. Die Kraft wird auf zwei Verstellpropeller von rund 3,50 m Durchmesser übertragen. Die installierte Antriebsanlage gibt den Schiffen eine Höchstgeschwindigkeit von 34 kn. Die Fahrstrecke ist mit 3.000 sm bei 20-kn-Fahrt angegeben. Die Besatzungsstärke je Schiff beträgt 380 Mann; davon 30 Offiziere.

Die Lenkwaffenzerstörer (ital. = cacciatorpediniere lanciamissili) haben eine ausgewogene Bewaffnung. Meine Skizze zeigt den Bauzustand von AUDACE nach Abschluß der Modernisierung im Jahre 1991 . Installiert sind jetzt drei Raketensysteme: Auf dem Hangar der Starter Mk13 für STANDARD-Luftabwehr-Raketen. Im Silo – erkenntlich am runden, flach ausragenden Teil – stehen senkrecht 40 Nachladeraketen. Die beiden Leitgeräte SPG51 für dieses Waffensystem sieht man auf runden Sockeln hinter dem achteren Schornstein. Auf halber Schiffslänge stehen auf dem Aufbaudeck vier nachgerüstete Doppelkanister für acht Schiff-Schiff-Raketen „OTOMAT – TESEO Mk2“. Je vier Raketen feuern querab nach jeder Bordseite. Das Deckshaus darunter wurde nachgerüstet. Vor der Brücke in Position B steht der Achtfachstarter für ALBATROS-Luftabwehr-Raketen . Auch dieser Starter wurde nachgerüstet. An gleicher Stelle stand vorher ein zweites 127-mm-Geschütz. Für die U-Abwehr führt das Schiff zwei U-Jagd-Hubschrauber „Augusta Bell 212“ nebeneinander verstaut im Hangar mit. Beim Landeanflug sind die Fangnetze – im Gegensatz zu meiner Seitenansicht – natürlich heruntergeklappt. Weiterhin stehen auf den Seitengängen hinter den spitzgatten Beibooten zwei Torpedorohr-Drillinge Mk32 für 324-mm-U-Jagd-Torpedos Mk46 . Die vier ursprünglich auf dem Achterdeck (unterhalb des Heli-Decks) eingebauten 533-mm-Torpedorohre für U-Jagd-Torpedos, welche nach achteraus schossen, wurden inzwischen ausgebaut. Im Dom unter dem Vorschiff ist das Sonargerät „CWE 610“ für die U-Boot-Ortung eingebaut.

Bei den Rohrwaffen gibt es drei Kaliber: Auf dem Backdeck steht noch ein Turm 127-mm-Universal-Artillerie „OTO Melara 5“ mit einer Rohrlänge von 54 Kalibern. Diese automatische Waffe kann bei max. 85° Rohrerhöhung 45 Schuß/min 16 km weit und 7 km hoch abgeben. Ebenso weit, aber 12 km hoch schießen die vier 76-mm-Waffen „OTO Melara 62 Compact bzw. „Super Rapid“, welche auf den Seitengängen aufgestellt wurden. Diese Waffen – ebenfalls aus italienischer Produktion und ein Exportschlager – haben eine Kadenz von 120 Schuß/min. Zur Terrorabwehr wurden zwei leichte Maschinen-Kanonen an Seite Backdeck nachgerüstet. Auf Fotos sieht man hier oft 20-mm-OERLIKON´s. Nicht unbedingt zur Bewaffnung kann man die beiden 20-rohrigen Startanlagen „Breda SCLAR“ (Danke Herr Kleber für das Foto) für 105-mm-Täuschraketen zählen, die auf den Seitengängen (oberhalb der hinteren Stabilisierungsflossen) aufgestellt wurden. Im Heck ist eine Anlage für geschleppte Geräuscherzeuger „SLQ-25 Nixie“ (Ablenkung feindlicher Torpedos) eingebaut.

Die Ausrüstung mit Radar ist sehr modern. Auf einer Vorauskonsole am hinteren Schornstein steht die Drehantenne für das Langstrecken-Luftsuch-Radar „Hughes SPS52C“ mit 440 km Reichweite. Auf der Saling auf dem vorderen Kamin steht die große Drehantenne für Luftsuch-Radar „Selenia SPS768“ (220 km Radius) und davor, etwas tiefer gesetzt, die Antenne „SPS774“ mit 155 km Reichweite. Drei kleinere Feuerleit-Radargeräte „Selenia SPG76“ zur Lenkung der Rohrwaffen finden wir an der Vorderkante der Brücke und auf Absätzen neben dem hinteren Kamin. Der Mast, welcher mit dem vorderen Kamin eine Einheit bildet, trägt weitere, kleinere Sensoren. Der Kesselraum der beiden vorderen Kessel befindet sich unterhalb des vorderen Brückenkomplexes (etwa Höhe Spant 13). Die Abgasleitungen werden mit runden Rohren seitlich aus dem Kamin geführt, damit die heißen Abgase die Radarantenne SPS52C möglichst nicht beeinflussen. An Steuerbordseite neben dem Hangar steht auf einer Deckskonsole ein Speedboot. Der zugehörige Aussetzkran ist dahinter installiert. An gleicher Stelle gibt es an Backbord eine Stellage mit Rettungsflößen. Ähnliche findet man auch auf den Seitengängen unter den Brückennocks.

Sätze von Werftplänen (keine Modellpläne in meinem Sinne!) von den Booten der AUDACE-Klasse im M 1:100 bekommt man von der „Associazione Navimodellisti Bolognesi“ (ANB), Casella postale 976, I-40124 Bologna. (www.anb-online.org , e-Mail: info@anb-online.org ) Der ANB-Katalog – nach meiner Einschätzung der weltweit umfangreichste Katalog über Schiffsmodellpläne – ist ein 400-seitiges A4-Buch (!). Ich glaube, er kostet € 30,00. Verständlich, daß fast nur italienische Bauten vorgestellt werden – doch das muß ja kein Nachteil sein.

Jürgen Eichardt

Weitere Fotos:

Foto 1: Schwesterschiff ARDITO noch vor der Umarmierung.

Foto 2: AUDACE vor Umarmierung.

Foto 3: AUDACE nach Umrüstung.

Foto 4: AUDACE im Urzustand. Die AUDACE-Rümpfe sind relativ hochbordig. Die Abgase werden beim vorderen Kamin durch seitliche Röhren ausgestoßen.

Foto 5: Querabversorgung von AUDACE durch VESUVIO (A5329).

Foto 6: ARDITO nach Umrüstung. Die italienischen Kampfschiffe fahren stets rote Bordnummern.

Foto 7: (Danke für die Fotos Herr Pletscher) 1 = Luft-Such-Radar SPS52C, 2 = Feuerleitradar SPG76, 3 = Feuerleitradar SPG51, 4 = Haltevorrichtung für die Querab-Versorgung in See, 5 = spitzgattes Motorbeiboot in Rollbahndavits, 6 = Drillings-TR-Satz Typ Mk32, 7 = 20-rohriger Täuschraketen-Starter "Breda".

Hier noch drei Fotos vom 1:100-Modell ARDITO vom italienischen Meister-Modellbauer Giancarlo Barbierie: .

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