11,5-m-Verkehrsboot der KM

Planausschnitte:

Ein "Oldtimer", das sehr gut erhaltene Verkehrsboot KUDDEL der RK Marine Kiel, 2006 im Kieler Hafen mit modernen Ausrüstungen: Radarreflektor, Funkantenne, Plastfender und "Wohlstands-Badegästen" an Bord:

Weitere Informationen zu den beiden sorgfältig gepflegten Verkehrsbooten (KUDDEL und KÜSTENNEBEL) der RK Marine Kiel finden Sie auf der Homepage: www.rk-marine-kiel.de

Verkehrsboot der Kriegsmarine

Auf den großen Einheiten der deutschen Kriegsmarine gehörten in der Regel ein bis mehrere sog. Verkehrsboote zur Ausstattung mit Beibooten, die nicht zur Rettungsausrüstung gehörten. Diese Motorbarkassen waren gedeckte Mehrzweck-Arbeitsboote von beträchtlicher Größe und Verdrängung. Die Verkehrsboote waren über die Steven 11,52 m lang bei einer Breite auf Planken von 3,10 m. Die maximale Breite war wegen der überstehenden Scheuerleisten noch etwas größer. Die Boote waren aus Holz (überwiegend Eiche) gebaut; dabei Kiel und Steven aus nur sechs Teilen zusammengesetzt. Der außen liegende Teil des Kiels/Vorstevens hat den üblichen trapezförmigen Querschnitt; beim Wellendurchgang ist er entsprechend verstärkt. Die Unterteilung der hier dargestellten Modellspanten (1 bis 15) entsprach in dem Fall ausnahmsweise auch der Einteilung mit Bauspanten beim Original, mit dem Unterschied, daß dazwischen noch weitere Bauspanten angeordnet waren. Im Bereich der Modellspanten 8 bis 14 war die Spanten-Einteilung noch enger. Insgesamt war das Boot also auf 41 Bauspanten gebaut. Die Beplankung war höchstwahrscheinlich doppel-diagonal oder diagonal-krawel mit einer Nesseltuch-Zwischenlage ausgeführt; bei einer Gesamtstärke von 22 mm. Die schrägen Plankenlagen liegen dabei im Winkel von 45° zum Kiel. Exakt in Höhe der unteren Scheuerleiste war im Rumpf ein Längsstringer (100 x 50 mm Querschnitt) eingebaut. Wegen der sehr langen Plicht von über 6,50 m Länge wurden im Rumpf beim den Modellspanten 4 und 8 zur zusätzlichen Aussteifung je ein U-förmiger Alu-Spant eingebaut. Diese haben den Querschnitt eines Doppel-T-Trägers. Beim Schnitt D – D habe ich einen gestrichelt eingezeichnet. Er ragt hier im Falle Spant 4 über die Längsduchten (Seitensitze) heraus. Der Fahrstand ist mit einer wegnehmbaren Kabine abgedeckt. Das Dach dieser Kabine, das lange „Backdeck“ und das schmale Decksstück am Heck sind mit 3-mm-Alublech mit einer Linoleum-Auflage beplankt. Beide Scheuerleisten und Kiel/Steven haben zum Schutz vor Beschädigungen die übliche Flacheisen-Garnierung. Zum Schutz vor Grundberührungen ist der dreiflunkige Bronze-Festpropeller von einer Ruderhacke umschlossen. Das Spiegelheck ist leicht gewölbt und steht leicht schräg.

Das Boot wird mit einem speziellen Heißgeschirr durch einen Kran ausgesetzt. Deswegen sind die Beiboote an Bord immer so angeordnet, daß sie im Schwenkbereich eines Kranes – in der Regel der Flugzeugkran – lagern. Zum Anschlagen des Heißgeschirrs hat das Boot vier Heißaugen (beim Spant 4 am Boden der Plicht und bei Spant 12 auf der Back). Der Motorenraum mit dem Deutz-Motor „SA 4M61“ erstreckt sich von der Vorderwand der Plicht (etwa Spant 9,5) bis zum Spant 12. Im Raum zwischen den Spanten 12 und 14 ist eine kleine Werkstatt eingerichtet; davor die Vorpiek. Direkt unter der Gräting für den Bootssteuerer ist das Boots-Wendegetriebe, mit dem von Voraus- auf Zurück-Fahrt umgeschaltet wird, angeordnet. Die große Luke direkt vor der Kabine ist für einen möglichen Motorenwechsel vorgesehen. Die Plicht kann mit einer Persenning-Plane abgedeckt werden. Dazu wird, wie in meiner Zeichnung dargestellt, eine demontierbare Stellage aus Alu-Rohren errichtet. Der Boden der Plicht ist mit wegnehmbaren Flurplatten ausgelegt. Aus den Unterlagen (ich hatte einen Werftplan) ist ersichtlich, daß das Boot für Nachtfahrten mit Seitenlaternen, „Dampferlicht“ und Hecklaterne ausgerüstet werden konnte. Auch geht daraus hervor, daß die Barkasse zum Minenräumen auf Reede und in engen Fahrwassern mit entsprechendem Gerät bestückt werden konnte. Über das Aussehen dieses Geräts ist leider nichts bekannt. Der Mittellängsschnitt zeigt am Heck das Aussehen des ebenfalls wegnehmbaren Ankerdavits. Mit diesem Davit kann der Anker des Mutterschiffs ausgefahren werden. Meine Zeichnung stellt wieder in einigen Teilen eine Rekonstruktion dar. Das Boot wiegt mit allen Geräten 7,6 Tonnen. Die maximale Tragfähigkeit bei stillem Wasser beträgt weitere 8,3 Tonnen. Das entspricht immerhin 85 Mann Besatzung und fast 16 ts Gesamtverdrängung. Die Geschwindigkeit ist mit 8,2 kn angegeben. Auch bei diesem Boot waren viele wegnehmbare Teile (Flaggstöcke, Laternenausrüstung, Stehkorb auf der Back) beim normalen Bordbetrieb, also auch bei der Lagerung des Bootes auf dem Mutterschiff, nicht angebracht.

Linien- und Spantenriß habe ich für eine korrekte Bootsform auch für dieses Boot nach wenigen vorhandenen Hauptspantschnitten mit Straklatten und –gewichten im M 1:10 gestrakt.

Jürgen Eichardt

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